Sunday, October 22, 2006

Raindrops & Coffee-Shops - der heißkalte Teil

"Oh nein!" Ich griff nach der Speisekarte auf dem Tisch und versuchte mich dahinter zu verstecken.

Chase musterte mich mit einer Mischung aus Staunen und Belustigung. "Sag mal, gehst du der rothaarigen Psychopathin immer noch aus dem Weg?"

"Selbstverständlich!" brummte ich. "Solange ich nicht weiß, ob Ginger irgendetwas von unserem Gespräch über meine kriminelle Vergangenheit belauscht hat, kann ich ihr nicht unter die Augen treten! Solche Dinge kommen bei Frauen nämlich überhaupt nicht gut an!"

"Dann sollten wir auf deine Frage eine Antwort finden", meinte Chase. "Also, ich schlage vor, dass wir jetzt aufstehen und uns dort drüben auf die Eckbank verziehen."

Gesagt, getan. Chase und ich nahmen unsere Kaffeetassen und zogen so unauffällig und geräuschlos wie möglich auf die Eckbank um. Auf unserem neuen Platz hatten wir, wenn wir in einer ganz bestimmten Position saßen, einen perfekten Blick auf die "drei neuen Entchen" und konnten jedes einzelne Wort verstehen. Die Sicht auf uns war dagegen, dank einer undefinierbaren Zimmerpflanze, so gut wie versperrt.
Chase schlich zum Tresen, beugte sich zu der Kellnerin hinüber und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Augenscheinlich bat er sie, in regelmäßigen Abständen zu uns zu kommen und Kaffee nachzuschenken, allerdings ohne ein Wort zu sagen, damit niemand auf uns aufmerksam wurde.
Ich musste unweigerlich grinsen. Kellnerinnen waren Chase's Spezialität. Seine absolute Spezialität. Wenn er so vor ihnen stand, sich eine seiner blonden Haarsträhnen aus dem Gesicht strich, sie mit diesem unergründlichen Blick anschaute, mit einer etwas tieferen und wärmeren Stimme mit ihnen redete, konnte man richtig zuschauen, wie sein jeweiliges Opfer dahin schmolz. Auch dieses Mal verfehlte Chase's Charme seine Wirkung nicht. Als er sich umdrehte und zu mir an den Tisch zurück kam, machte die Blondine hinter dem Tresen den Eindruck, als wäre ihr ein Engel erschienen.
Nach wie vor grinsend schüttelte ich den Kopf und trank noch einen Schluck Kaffee. Ich fragte mich ernsthaft, warum Chase steif und fest behauptete, er hätte seit ein paar Wochen keinen Sex mehr gehabt. An Chancen schien es ihm nicht zu mangeln.

In der Zwischenzeit hatten Dr. Dorian, Dr. Reid und Ginger Milchshakes bestellt. Es war wirklich verblüffend - sobald sie sich nicht mehr im PPTH (genauer gesagt in der diagnostischen Abteilung in unserer unmittelbaren Gegenwart) aufhielten, redete jeder Einzelne von ihnen wie ein Wasserfall!

"Müssen Sie am Wochenende arbeiten?" fragte Ginger Dr. Dorian und Dr. Reid.
Daraufhin schüttelten die beiden ihre Köpfe.

"Nein," erklärte Dr. Dorian. "Wir haben bloß Rufbereitschaft. Abgesehen von Dr. Cameron ist vermutlich niemand von unserer Abteilung im Krankenhaus. Dr. Allenby scheint nach wie vor einen Krankenschein zu haben. Dr. Foreman und Dr. Chase haben regulär frei. Dr. House und Dr. Wilson sind gesundheitlich angeschlagen und wurden von Dr. Cuddy heim geschickt. Was ist mit Ihnen, Miss Granger? Arbeiten Sie?"

Ginger verneinte. "Ich habe ebenfalls frei."

Kurze Pause. Alle schlürften ihre Milchshakes.

"Wie gefällt es Ihnen in der diagnostischen Abteilung, Miss Granger?" wollte Dr. Reid wissen. "Sie sind jetzt seit einer Woche bei uns. Ist Ihre Arbeit so, wie Sie sie sich vorgestellt haben?"

"Meine jetzige Arbeit unterscheidet sich nicht grundsätzlich von meiner früheren Tätigkeit im Zentrallabor", erklärte Ginger. "Natürlich sind die Fälle hier außergewöhnlich und die Tests aufwendig. Aber für mich geht es schlussendlich doch nur um Blut- und Urinuntersuchungen. Das ist in Ordnung. Ich bin nicht wegen einer beruflichen Herausforderung gekommen, sondern wegen einer menschlichen." Sie grinste.

"Dr. House?" fragte Dr. Dorian erstaunt. "Wow – das ist mutig! Als Elliot und ich am schwarzen Brett lasen, dass wir ins PPTH versetzt werden, ist uns erst mal das Herz in die Hose gerutscht."

"Lag das am PPTH im Allgemeinen oder an Dr. House im Besonderen?" fragte Ginger.

"Es lag an beidem", gab Dr. Dorian zu. "Das PPTH ist vollkommen anders als unser Sacred Heart Hospital und die Diagnostische Abteilung ist vollkommen anders als unsere Innere Abteilung. Das PPTH ist größer, es ist moderner und es ist stylischer. Die Fälle sind um einige Stufen komplizierter. Und Dr. House ist..." Er stockte und sprach nicht weiter.

"Lassen Sie mich raten", sagte Ginger und grinste. "Auch Dr. House ist um einige Stufen komplizierter."

Dr. Reid seufzte erleichtert. "Das haben Sie sehr diplomatisch ausgedrückt."

"Ich weiß", Ginger kicherte. Sie nahm ihre Handtasche und holte ein Päckchen Kaugummi heraus.

Mir stockte für einen Moment der Atem. Ginger aß Kaugummi auf eine ganz persönliche Art und Weise. Sie nahm sich sehr viel Zeit, um den Kaugummi aus seiner Verpackung zu schälen, ihn sich in den Mund zu schieben und mit ihren Zähnen anzuknabbern. Dieser Anblick bescherte mir jedes Mal eine Gänsehaut. Doch an diesem Abend kam fatalerweise noch ein starker Druck zwischen meinen Beinen hinzu, der - wie ich nach einem Blick unter den Tisch feststellen musste - nicht von Ginger, sondern von Chase's Fuß verursacht wurde.

"Chase!" fluchte ich. "Hör sofort auf damit!"

Chase sah mich mit einem unschuldigen Augenaufschlag an. "Sind wir etwas unausgelastet?"

"Sind wir etwas lebensmüde?" knurrte ich.

Zwischenzeitlich hatten Dr. Dorian und Dr. Reid zugegeben, dass sie von House eingeschüchtert sind und dass sie ihrer Meinung nach genauso gut in unsere Abteilung passen "wie Pfeffer auf Erdbeereis". Aha!
Chase und ich verbissen uns mit größter Mühe ein Lachen, denn Dr. Reid und Dr. Dorian hätten wir nie im Leben mit Pfeffer verglichen, genauso wenig wie uns mit Erdbeereis. Aber merkwürdigerweise schienen wir (Cameron, Chase und ich) wie Erdbeereis auf sie zu wirken, denn Dr. Dorian bezeichnete uns gerade "als süß und kalt". Wie bitte?!

Auch Ginger glaubte nicht richtig gehört zu haben. "Sagen Sie das bitte noch mal, Dr. Dorian."

"Süß und kalt", wiederholte er und machte ein Gesicht, als würde er diese Worte bereits im nächsten Augenblick bereuen. "Süß in Bezug auf ihr Aussehen und kalt in Bezug auf ihr Verhalten." Dr. Dorian schluckte und wurde rot.

"Aha." Ginger konnte ihr Grinsen kaum verbergen. "Also, in Bezug auf das süße Aussehen, stimme ich Ihnen zu. Aber kalt ist der falsche Ausdruck für das Trio Infernale. Gerade Dr. Cameron ist eine ausgesprochen liebevolle und hilfsbereite Ärztin." Sie zwinkerte.

"Das stimmt", beeilte sich Dr. Dorian zu sagen. "Dr. Cameron ist liebevoll und hilfsbereit. Dr. Chase und Dr. Foreman sind es auch." Er stockte, als ihm bewusst wurde, dass er Chase und mich gerade als 'liebevoll' bezeichnet hatte. "Aber die drei wirken... so unnahbar."

"Möchten Sie ihnen denn näher kommen?" fragte Ginger mit einem ernsthaften Gesicht.
Chase und ich lagen vor Lachen fast unter dem Tisch.

"Deine zukünftige Freundin ist ein Biest!" gluckste Chase. "Der arme Dr. Dorian!"

Der arme Dr. Dorian konnte sich zwischen den verschiedenen Antwortmöglichkeiten nicht entscheiden. "Ja… Nein… Vielleicht…"

Ginger nickte. "Das ist in Ordnung. Wissen Sie, was ich vorschlagen würde? Dass Sie Dr. Cameron um ein Date bitten."

"Nein, das traue ich mich nicht!" rief Dr. Dorian.

"Dr. Dorian", Ginger ergriff seine Hand und tätschelte sie beruhigend. "Dr. Cameron wird Sie nicht fressen. Und als seelische und moralische Unterstützung, werde ich Dr. Foreman um ein Date bitten. Dr. Chase… überlassen wir… Dr. Reid."

Dr. Dorian und Dr. Reid sahen sich an. "Meinen Sie das ernst?"

"Vollkommen ernst!" lautete Gingers lächelnde Antwort.

Ich starrte Chase an. "Ich habe eine Verabredung mit Ginger?!? Ohne etwas dafür tun zu müssen?!?"

Chase grinste. "Herzlichen Glückwunsch! Es lebe die Emanzipation!"

5 comments:

Dr. Gregory House said...

Chase hat mit Ihnen gefüßelt?
Oder gar schlimmeres?
Schade, dass ich nicht da war, um das zu sehen!
Diese Ginger scheint gar nicht so übel zu sein und ich wünsche Ihnen viel Spaß bei Ihrem Date!

Anonymous said...

Das klingt ja äußerst interessant! Also war Dr. Dorian evlt. das ominöse Date von Cameron?

Dr. Gregory House said...

Stimmt ja...
Ich hoffe, sie wird noch darüber berichten.
Wenn Sie nach dem Lesen unserer Blogs keine Herzattacke bekommen hat und tot vom Stuhl gefallen ist...

Dr. Eric Foreman said...

Gefüßelt, ja.
Schlimmeres, nein!!!
Wir saßen an einem öffentlichen Ort und waren beide angezogen. Viel zu sehen, gab es also nicht.

Ich hoffe, dass Ginger mich bald auf das Date anspricht! Und natürlich auch, dass dabei nichts schief läuft.

Was Cameron betrifft... Ich hatte mir auch schon überlegt, dass Dr. Dorian das ominöse Date sein könnte...

Dr. Gregory House said...

Was soll denn schief laufen?
Ich drücke Ihnen jedenfalls die Daumen.
Wird schon alles klappen.